Donnerstag, 6. Mai 2010

Was ist der Urknall eigentlich?

von Josef Honerkamp
Die Frage nach der Entstehung der Welt ist wohl die grundsätzlichste Frage, die Wesen stellen können, die im Laufe einer Evolution Bewusstsein und eine Vorstellung von der Welt erlangt haben. Entstehung und Vergehen beobachten sie am eigenen Leib, offensichtlich muss es so etwas auch für die Welt geben.
Aber vielleicht ist das überhaupt keine gute Frage, zu stark geprägt von unseren menschlichen Erfahrungen und Vorstellungen. Zumindest sollte man in dem Zusammenhang erst eine andere Frage stellen: Wie sah das Universum früher aus, welche Entwicklung hat es durchgemacht, zu welchen Schlüssen kommt man, wenn man diese Entwicklung auf der Basis physikalischer Gesetze zurückverfolgt?

Hier führt der Begriff des Urknalls stets zu großer Verwirrung. Zunächst als Beschreibung einer sehr frühen Phase des Universums eingeführt, mutierte er in den Köpfen aller, die sich nicht so genau mit der entsprechenden kosmologischen Theorie - aufbauend auf der Allgemeinen Relativitätstheorie - auseinander setzen konnten, zu einem Anfang der Welt und stets kam die Frage auf: Und was war vorher? Was war der Grund für diesen Anfang? Ja, selbst die Eingeweihten waren oft nicht ganz frei von Spekulationslust. Dabei markiert dieser Zustand des Universums, der als Urknall bezeichnet wird, nur eine Grenze der Gültigkeit einer Theorie. Die Allgemeine Relativitätstheorie, die sehr erfolgreich viele Phänomene im Kosmos beschreibt und vorhersagt, hat wie jede Theorie eine Gültigkeitsgrenze. Diese zeigt sich, wie sonst häufig auch, in Singularitäten für bestimmte physikalische Größen. Die Temperatur des Universums z.B. wird bei der Rückextrapolation immer größer und würde schließlich unendlich groß werden. Wie für jede Theorie gibt es also auch hier Phänomene, die im Rahmen der Theorie nicht mehr beschreibbar und erklärbar sind, für die man eine Erweiterung der Theorie vornehmen muss. An solch einer Erweiterung, an einer so genannten Quantengravitationstheorie, arbeitet man heute.
Es ist also längst noch nicht klar, wie wir den Zustand des Kosmos in diese Zeit des Urknalls genauer zu beschreiben haben. Wir sollten nicht immer der Versuchung erliegen, endgültige Antworten auf Fragen zu geben, von denen man nicht einmal weiß, ob sie gut gestellt sind.

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